(Un)vergessene NachbarInnen am 9. November 2023

Am Gedenktag an die Reichsprogromnacht 1938 laden wir zu einer abendlichen An­dacht in den Dom St. Marien zu Fürsten­walde ein. Daran schließen sich Groß­projek­tionen auf den Fassaden von Dom, Rathaus und weiteren Gebäuden am Marktplatz an, umrahmt von Lesungen und musikalischer Begleitung.

Anfang des 20. Jahrhunderts lebten in­mitten der Fürstenwalder Stadtgemeinde etwa 150 bis 160 jüdische BürgerInnen. Sie waren ÄrztInnen, ZahnärztInnen, An­wältIn­nen, FotografInnen, saßen im Stadtrat und führten 32 Branchen­geschäf­te. Auf und um den Marktplatz konnte man in den Kauf­häusern der Familien Marcuse, Fürst, Brandt, Gottfeld und Flatauer einkaufen.

Nach der Machtergreifung durch die National­sozialisten 1933 änderte sich die Situation gravierend. Der zunehmende Hass und die Demütigungen zwangen viele Familien, die Stadt zu verlassen. Während der Pogrome um den 9. November 1938 zerschlugen und plünderten Faschisten mutwillig die meisten Geschäfte, setzten die Synagoge in Brand und schändeten und zerstörten den Friedhof mit der Trauer­halle. Zahlreiche männliche Juden kamen in „Schutzhaft“, die meisten in das Kon­zentrations­lager Sachsenhausen.

Die als spontaner Akt des „Volkszornes“ gegenüber den jüdischen MitbürgerInnen in ganz Deutschland deklarierten Novem­ber­pogrome waren eine strategisch und mit Vorlauf geplante Aktion des NS-Staates und ein Höhepunkt des staatlich gesteu­er­ten Antisemi­tis­mus. Was wie eine Welle des Terrors durch das Land rollte, war in jedem einzelnen Fall die Tragödie der Menschen und ihren Familien.

Gedenkveranstaltung am 9. November 2023
im Dom zu Fürstenwalde und auf dem Marktplatz

In Fürstenwalde wird jedes Jahr am 9. November mit einer Andacht und einem „Geh-Denken“ an die Opfer erinnert. Dieses Jahr wollen wir das Gedenken auf den Marktplatz ausweiten: Fotografien der (un)vergessenen NachbarInnen werden auf den Fassaden der Gebäude erstrahlen und diese Menschen damit wieder in das Gedächtnis der Stadt rufen – nicht nur als Opfer des National­sozialismus, sondern vor allem als MitbürgerInnen, die das Bild und den Alltag von Fürstenwalde mitgestaltet hatten. An diesem Abend soll ihr Leben im Zentrum stehen.

Kleine Lesungen von Gedichten, Briefaus­zügen, kurzen Texten, Zitaten und eine musikalische Umrahmung – vorbereitet durch Fürstenwalder SchülerInnen – begleiten die Projektionen und runden das Programm ab. Gegen die Novemberkälte gibt es offene Feuer­stellen, Heiß­getränke und warme Speisen.

Das detaillierte Programm wird in Kürze an dieser Stelle veröffentlicht.

Bis zum 9. November teilen wir Fotografien und Geschichten auf www.instagram.com/ ­stolpersteine_fuerstenwalde. Folgen Sie uns!