Am Gedenktag an die Reichsprogromnacht 1938 laden wir zu einer abendlichen Andacht in den Dom St. Marien zu Fürstenwalde ein. Daran schließen sich Großprojektionen auf den Fassaden von Dom, Rathaus und weiteren Gebäuden am Marktplatz an, umrahmt von Lesungen und musikalischer Begleitung.
Anfang des 20. Jahrhunderts lebten inmitten der Fürstenwalder Stadtgemeinde etwa 150 bis 160 jüdische BürgerInnen. Sie waren ÄrztInnen, ZahnärztInnen, AnwältInnen, FotografInnen, saßen im Stadtrat und führten 32 Branchengeschäfte. Auf und um den Marktplatz konnte man in den Kaufhäusern der Familien Marcuse, Fürst, Brandt, Gottfeld und Flatauer einkaufen.
Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 änderte sich die Situation gravierend. Der zunehmende Hass und die Demütigungen zwangen viele Familien, die Stadt zu verlassen. Während der Pogrome um den 9. November 1938 zerschlugen und plünderten Faschisten mutwillig die meisten Geschäfte, setzten die Synagoge in Brand und schändeten und zerstörten den Friedhof mit der Trauerhalle. Zahlreiche männliche Juden kamen in „Schutzhaft“, die meisten in das Konzentrationslager Sachsenhausen.
Die als spontaner Akt des „Volkszornes“ gegenüber den jüdischen MitbürgerInnen in ganz Deutschland deklarierten Novemberpogrome waren eine strategisch und mit Vorlauf geplante Aktion des NS-Staates und ein Höhepunkt des staatlich gesteuerten Antisemitismus. Was wie eine Welle des Terrors durch das Land rollte, war in jedem einzelnen Fall die Tragödie der Menschen und ihren Familien.
Gedenkveranstaltung am 9. November 2023
im Dom zu Fürstenwalde und auf dem Marktplatz
In Fürstenwalde wird jedes Jahr am 9. November mit einer Andacht und einem „Geh-Denken“ an die Opfer erinnert. Dieses Jahr wollen wir das Gedenken auf den Marktplatz ausweiten: Fotografien der (un)vergessenen NachbarInnen werden auf den Fassaden der Gebäude erstrahlen und diese Menschen damit wieder in das Gedächtnis der Stadt rufen – nicht nur als Opfer des Nationalsozialismus, sondern vor allem als MitbürgerInnen, die das Bild und den Alltag von Fürstenwalde mitgestaltet hatten. An diesem Abend soll ihr Leben im Zentrum stehen.
Kleine Lesungen von Gedichten, Briefauszügen, kurzen Texten, Zitaten und eine musikalische Umrahmung – vorbereitet durch Fürstenwalder SchülerInnen – begleiten die Projektionen und runden das Programm ab. Gegen die Novemberkälte gibt es offene Feuerstellen, Heißgetränke und warme Speisen.
Das detaillierte Programm wird in Kürze an dieser Stelle veröffentlicht.
Bis zum 9. November teilen wir Fotografien und Geschichten auf www.instagram.com/ stolpersteine_fuerstenwalde. Folgen Sie uns!